Bei der Benutzung und Bebauung von Grundstücken sind in Bezug auf die Nachbarschaft öffentlich-rechtliche und zivilrechtliche Gegebenheiten zu berücksichtigen, die es bei Kauf oder Verkauf eines Baugrundstücks zu beachten gilt. Ich möchte hier auf die Funktionen von öffentlich-rechtlichen Baulasten und zivilrechtlichen Grunddienstbarkeiten eingehen.
Soll zum Beispiel auf einem Grundstück ein Einfamilienhaus errichtet werden, welches weniger als 3 m Mindestabstand zur Nachbargrenze aufweist, muss vom Nachbarn eine Einwilligung zur Eintragung einer Abstandsflächenbaulast auf dessen Grundstück bewilligt werden. Diese Baulast wird beim zuständigen Bauordnungsamt eingereicht und dort in das Baulastenverzeichnis aufgenommen. Die Technik zu diesem Vorgang kann jeder Architekt, Vermessungsingenieur oder eben die Baubehörde erläutern. Mit dieser Baulast wird die öffentlich-rechtliche Forderung zur Einhaltung der Abstandsflächen im Bauordnungsrecht gesichert.
Will ich eine bauliche Anlage über die Grenze zweier benachbarter Grundstücke errichten, so benötige ich für die Grundstücke eine Vereinigungsbaulast. Gehören mir beide Grundstücke, ist das kein Problem. Ich sollte dann überlegen, ob ich nicht beide Grundstücke gleich grundbuchlich und katasterlich vereinige, dann brauche ich keine Baulast. Gehören die Grundstücke aber verschiedenen Eigentümern, so sollte ich mit dem Nachbarn zusätzlich eine Grunddienstbarkeit für die Überbauung vereinbaren, die in dessen Grundbuch eingetragen wird.
Am häufigsten kommen Baulasten und Grunddienstbarkeiten in folgendem Fall zum Einsatz: Ein hinterliegendes Grundstück soll bebaut werden. Vorausgesetzt, eine Bebauung wäre grundsätzlich überhaupt möglich, ist eine öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche, sprich einer Straße, nachzuweisen. Auch Strom, Gas, Wasser und Abwasser müssen nach hinten und jederzeit für Reparaturen erreichbar sein. Die öffentlich-rechtliche Sicherung geschieht mit einer Erschließungsbaulast, die auf dem Grundstück des Vorderliegers einzutragen ist, Technik wie oben beschrieben. Gleichzeitig sollte zur zivilrechtlichen Absicherung der Zufahrt unbedingt ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht in das Grundbuch des „dienenden Grundstücks“, dem des Vorderliegers, eingetragen werden. Im Grundbuch des Hinterliegers ist diese Eintragung rechtlich nicht zwingend notwendig, sollte aber auch dort eingetragen sein. Solcherlei Grundbucheinträge sind grundsätzlich notariell zu beglaubigen. Weitere Vereinbarungen zu Anlage, Pflege und Benutzungsrecht der Zufahrt sollten genauso im Grundbuch festgehalten werden, wie ggf. auch die wiederkehrende Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Darum „kümmert“ sich das öffentliche Baurecht nicht.
Behalten Sie bei Verkauf oder Erwerb eines Baugrundstücks auf jeden Fall selbst beide rechtlichen Gegebenheiten im Auge und verlassen Sie sich nicht auf ggf. einseitige öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Hinweise.
Eine Baulast ersetzt keinen Grundbucheintrag und umgekehrt.
Zum Schluss noch eine Klarstellung: Das Bauordnungsamt KANN nach nachbarlicher Zustimmung eine Baugenehmigung in Abweichung vom Bauordnungsrecht erteilen, wenn öffentliches Interesse dem Vorhaben nicht entgegensteht. Die Nachbarzustimmung allein begründet noch keinen Anspruch auf eine Baugenehmigung, sondern ist nur eine, wenn auch wichtige Voraussetzung. Dies zu wissen hilft Enttäuschungen vorzubeugen.